Jahrhundert Pokalhit in Lennestadt

Die Jahre 1987 und 1988 kann man mit ruhigem Gewissen unsere Pokaljahre nennen.

1987 gelangten wir im Kreispokal bis ins Halbfinale waren damit auch auf Bezirksebene wieder qualifiziert. Auf Bezirksebene schlugen wir dann erst den Verbandsligisten aus Recklinghausen, dann den Verbandsligisten TuS Westfalia Welper. Eine Runde weiter stoppte uns dann der PSV aus Gelsenkirchen, ein Bezirksligist.

1988 hatten wir den Kreispokal gewonnen.

Und in diesem Jahr sollte es noch besser laufen als ein Jahr zuvor. Wir schlugen den Bezirksligisten Rauxel-Schwerin, den Landesligisten TV Mengede und den Verbandsligisten TV Datteln. Die Stimmung in der Hölle Nord war bei diesen Erfolgen überragend.

Und damit war klar:

Die DJK Normannia, der kleine Kreisligist aus der Dortmunder Nordstadt stand in der ersten Runde auf Verbandsebene mit Aussicht auf die erste DHB Hauptrunde.

Wir mussten leider auswärts antreten, zur drei Klassen höher spielenden TSG Lennestadt.

Welch Vorfreude überkam uns. Das Pokalfieber hatte alle Normannen erfasst, alle wollten dabei sein.

So kratzten wir alles Geld zusammen und charterten zwei Busse. Somit konnten uns schon mal 100 Normannen begleiten. Aber die Nachfrage war viel größer. Es wurde überall rumgefragt und schließlich hatten wir noch zwei Bullis organisiert. Aber auch das reichte noch nicht aus, und so bildeten sich auch noch einige Fahrgemeinschaften, die mit ihrem Privat-PKW die Reise nach Lennestadt auf sich nahmen.

Und so machten wir uns an einem trüben Novembersamstag auf den Weg nach Lennestadt -mit ungefähr 150 Fans, die für eine Stimmung alla „Hölle Nord“ sorgen sollten.

An der Halle angekommen wunderten sich die Lennestädter über den großen Zuschauerzuspruch und mussten erst einmal die Tribünen öffnen, damit die ganze Fankolonie gesittet die Halle erobern konnte.

Und dann begann ein Spiel, das mir unvergessen bleibt.

Der Verbandsligist aus Lennestadt war durchaus gewarnt, waren unsere Pokalergebnisse der letzten beiden Jahre auch bis ins tiefe Sauerland durchgedrungen.

Aber mit so viel Gegenwehr hatten sie nicht gerechnet, irgendwie musste man ja doch so einen kleinen Kreisligisten aus der Dortmunder Nordstadt aus der Halle fegen können. Aber mit unserer Gegenwehr, unserer unbändigen Kampfeskraft, aber auch mit unserer herausragenden Abwehrarbeit und durchaus technisch hervorragend herausgespielten Toren hatte Lennestadt in dieser Wucht nicht gerechnet. Zur Halbzeit lagen wir knapp mit 9:8 vorne.

In der zweiten Halbzeit wechselte Lennestadt immer zwei Spieler in Angriff und Abwehr auf ihrer rechten Abwehrseite aus, davon versprach sich der Trainer wohl einen Vorteil. Aber wir machten uns dies einige Male zunutze.

Ich glaube die „schnelle Mitte“ erblickte an diesem Tag zum ersten Mal das Licht der Welt. Immer wieder konnten wir dadurch schnelle und einfache Tore über die verwaiste rechte Abwehrseite der Lennestädter erzielen.

Zwei Minuten vor Schluss stand es noch 17:17 unentschieden.

Lennestadt ging in Führung. Ich wollte sofort wieder zum Anstoßkreis und direkt die Überzahl, die sich durch das doppelte Auswechseln Lennestadts bot, zum Ausgleich nutzen.

 

Doch mein Trainer Franz-Josef Meyer rief von der Bank so lautstark „Ruhig, spiel ruhig!“, dass ich seinem „Wunsch“ nachkam. Er wollte wohl lieber ein Unentschieden sichern, um in die Verlängerung zu gehen. Vorne verdaddelten wir dann leider den Ball sehr schnell und Lennestadt konnte per Gegenstoß auf 17:19 stellen. Jetzt hatten wir es wieder eilig und verkürzten mit der „schnellen Mitte“. Aber im Gegenzug traf Lennestadt erneut. Wieder half die „schnelle Mitte“ um zu verkürzen. Aber die Zeit lief uns davon. Wir mussten Lennestadt werfen lassen und auf einen fehlerhaften Abschluss ihrerseits hoffen. Leider vergebens. Aus der Traum von der ersten DHB-Pokal Runde. Endstand 19:21! Sch…!

Die örtliche Presse hatte unser "Jahrhundertgefühl" leider nicht ganz so mitbekommen!

Doch schon auf der Rückfahrt über die in den Höhelagen verschneite Sauerlandlinie war die Zufriedenheit über ein unglaublich gutes Spiel unsererseits so groß, dass wir den Hit des Jahres „Don't worry, be happy“ die ganze Zeit rauf und runter spielten und mitgrölten.

 

Auf der Rückfahrt gab dann unser portugiesischer Kugelblitz leider etwas viel von seinem getrunkenen Alkohol über die obere Körperöffnung wieder hinaus. Das Ergebnis landete auf der letzten und vorletzten Sitzreihe des Busses. Damals musste man sich noch nicht anschnallen und konnte auch im Bus während der Fahrt stehen. Und so tummelten sich alle Fahrgäste fortan auf der vorderen Hälfte des Busses. Und ich machte die Sauerei weg. Immerhin reichte mir ein jeder Taschentücher, mit denen ich dann meiner Stubentätigkeit nachkommen konnte. In Dortmund an der Gertrudis Kirche angekommen, musste auch ich mich erstmal erleichtern. Dann wurde „Im Hirschen“ die unnötige Niederlage, aber auch eine ganz wundervolle Fahrt, die schon mit all den nötigen Vorbereitungen begann, gebührend begossen. Das Alles bleibt in ewiger Erinnerung… der Tag danach auch!

Andreas Heyen