Unverhofft kommt oft !

-Die Trainergeschichte zum Bezirksligaaufstieg-

(aus der Aufstiegszeitung vom Mai 1996)

Eigentlich sollte ich weiterhin Trainer der neuen Verbandsliga Mannschaft der HSG Leo Dortmund bleiben, dann hätte ich wahrscheinlich gegen den Abstieg gekämpft. Es kam anders! Mit der neuen Spielgemeinschaft gab es Differenzen und ich war spät im Mai noch ohne neue Mannschaft. Durch die Freundschaft einer meiner früheren Spieler mit Rüdiger Leifeld kam es zu ersten Kontakten zur DJK Normannia. Nach fruchtbaren Gesprächen mit zweien aus der Mannschaft und dem Vorstand sagte ich dann zu, der ersten Mannschaft in der Saison 95/96 zur Verfügung zu stehen. Ich wusste auf der einen Seite nicht, was auf mich zukommen könnte, auf der anderen Seite wusste ich aus eigener Vergangenheit Normannia ist spielerisch und kämpferisch stark, läuft einen hervorragenden Gegenstoß, scheitert aber oft durch schwache Deckungsarbeit. So gab es am 8. Juni 95 einen ersten Eindruck beim Testspiel Erste gegen Zweite. Mein Eindruck fiel positiv aus, auch wenn es in diesem Spiel schon Verletzte gab, da anscheinend der Kampf um die Plätze schon begonnen hatte. (Kalli lässt grüßen) Auch nach den ersten Trainingseinheiten blieb mein Eindruck beim Zusammenstellen des Kaders durchaus positiv. Ich erstellte einen Vorbereitungsplan mit ausgesuchten Gegnern. Ergebnis: vorne hui, hinten pfui! Die Erleuchtung kam erst kurz vor Saisonbeginn. Ich stellte die Mannschaft  auf eine extrem defensive 6:0 Deckung mit den beiden „Langen“ in der Mitte um.

In den nächsten Wochen stand im Training Deckungsarbeit und Torwarttraining im Vordergrund, so dass sich bald ein durchaus stabiler Deckungsverband bildete. Im Spiel nach vorne setzen wir von Anfang an auf den Gegenstoß und Spielkonzeptionen. Die Mannschaft machte intensiv mit und die Trainingsbeteiligung lag bei fast 100%. Ideale Bedingungen, um erfolgreich zu sein. Lernen mussten wir in den Meisterschaftsspielen in taktischer Hinsicht diszipliniert zu spielen, bis zur 60. Minute zu kämpfen und -in der Kreisliga besonders wichtig- uns auf die Schiedsrichter einzustellen (Akzeptieren von Entscheidungen = Pluspunkte sammeln)

Unsere Zielsetzung war es oben mitzuspielen. Aber der große Favorit hieß eindeutig TV Brechten2 und wurde aufgrund einiger Verstärkungen aus der Ersten als sicherer Aufsteiger gehandelt. Der Saisonbeginn verlief planmäßig 8:0 Punkte und erfreulich: Wir blieben fast immer unter 15 Gegentoren! Der 5. Spieltag bedeutete für uns einen ersten Tiefschlag. Schüren kämpfte uns verdient mit drei Toren nieder. Abwehr und Angriff blieben zum ersten Mal hinter den Erwartungen zurück. Die Erfahrung der Schürener war zu groß. Es sollte der Dämpfer zur rechten Zeit sein.

Wir setzen unsere Serie fort 20:2 Punkte, Spitzenspiel gegen TV Brechten, die bis dahin noch verlustpunktfrei ihrer Favoritenrolle gerecht wurden und die Tabelle mit 22:0 Punkten anführten. Und Brechten lief mit allen Trümpfen gegen uns auf. Spieler aus dem ersten Mannschaftskader, Zander das Torwartdenkmal, Linkshänder Czesia, Rückraumbomber Köhler. Zu Beginn des Spiels agierten wir wie das Kaninchen vor der Schlange. Brechten führte nach 12 Minuten 7:1! Die Erleuchtung - ich setzte den Joker, er stach! Andreas Heyen spielte auf der vorgezogenen Deckungsposition - Schwerpunkt Deckungsarbeit gegen Spielertrainer Hilbk. Brechten war plötzlich ohne Kopf - wir wuchsen über uns hinaus und schickten Brechten mit 22:16 zurück zum „Scharfen Eck“!

Im Nachhinein ist klar, das war der große Wurf! Brechten zeigte sich eine Woche später nicht erholt und verlor auch gegen den einzigen Verfolger TSG Schüren, sodass jetzt Brechten mit vier Verlustpunkten Dritter, TSG Schüren mit zwei Miesen Zweiter und wir ebenfalls mit zwei Verlustpunkten Erster waren. Schon näherten wir uns dem nächsten Höhepunkt (zittern mussten wir zwischenzeitlich gegen DJK Oespel-Kley) Rückspiel gegen TSG Schüren! Wir wurden unverschämt, wollten Schüren in Schüren schlagen und das nach Möglichkeit mit mehr als drei Toren Unterschied. Wir legten los wie die Feuerwehr, verschafften uns Vorteile hatten Armbrust (der im Hinspiel neun Tore werfen konnte) und seine Wurfpfeile im Griff. Diesmal gelang ihm nur ein Tor und wir kämpfen bis zum Umfallen. Geschafft 23:20 für uns! Leider keine vier Tore da wird 10 Sekunden vor Schluss den Schlaf der Gerechten schliefen und Schüren noch ein Tor gestatteten. Sollten beide Mannschaften am letzten Spieltag. punktgleich sein, käme es dann zu einem Entscheidungsspiel. Es kam anders. Wir legten wellenförmige Zwischenspurts ein, schickten einige Gegner gegen die wir uns in der Hinrunde noch schwer getan hatten, deklassiert nach Hause. Ich wusste der letzte -hoffentlich letzte 3000er (Bergsteigersprache) würde ATV Dorstfeld sein. Dorstfeld führte auch während der gesamten ersten Halbzeit. In der Kabine und die Spieler wissen es ganz bestimmt noch, habe ich die Hürde erhöht. Originalton: Dorstfeld ist ein 3500er, wir müssen alles bringen! Die Mannschaft kam hungrig aus der Kabine und gewann schließlich mit zwei Toren Unterschied. Unser einziger Verfolger Schüren -Brechten hatte inzwischen mehrfach gepatzt- blieb hartnäckig…

Bis zum nächsten Spieltag. Wir hatten Dorstfeld aufgebaut. Schüren bezog die zweite Niederlage und verlor gegen Dorstfeld 20:15. Das sollte es gewesen sein! Uns fehlten nur noch drei Punkte aus den letzten drei Spielen. Gegen Eintracht Husen-Kurl konnte das nächste Spiel klar mit 28:12 gewonnen werden. Nun fehlte gegen den Tabellenletzten Materloh-Westrich ein einziger Punkt. Es wurde ein rauschendes Fest, wir griffen tief in die Trickkiste und fertigten den Absteiger mit 31:12 ab. Aufsteiger!!!

Wir waren Bezirksligist!!!

Es folgte eine große Sause. Überall kamen Sektflaschen zum Vorschein, der Kühlschrank war voll bis auf den letzten Winkel, Zuschauer und Mannschaft wie ausgelassen. Die Halle blieb wüst und klebrig zurück. Bei „Göbbeln“ wurde der Aufstieg dann gebührend gefeiert. Rückblickend kann ich sagen, der Weg in die Nordstadt war die richtige Entscheidung. Ich habe eine mannschaftlich und kameradschaftlich intakte Truppe trainieren können. Einfach gesagt es hat Riesenspaß gemacht und soll so weitergehen, mit voller Motivation und Konzentration in die Bezirksliga!

               Trainer Uli Theis

PS: Natürlich gab es auch Schwierigkeiten, die waren gesundheitlicher Art. Man muss nämlich wissen, dass ich als überzeugter Nichtraucher nach jedem Training und jedem Spiel einem erhöhten Krebsrisiko ausgesetzt bin. Der lange Flur vor den Kabinen ist nach unseren Treffen zu vergleichen mit einer Nebelbank. Einziger Lichtblick, Rüdiger Leifeld setzt seit einiger Zeit Zeichen und raucht nicht mehr. Vielleicht aus Rücksicht auf seinen Trainer oder schon im Hinblick auf die Bezirksliga!?

 

Nachtrag der Redaktion: Auch das letzte Spiel dieser Saison gegen den hochgehandelten Favoriten TV Brechten2 konnte in Brechten mit 18:16 gewonnen werden.

Die Abschlusstabelle